Fütterung

Leider gibt es immer wieder Pferde, denen nicht mehr ausreichend geholfen werden kann und bei denen es nicht mehr möglich ist, eine ausreichende Mahlfunktion der Zähne wieder herzustellen.

Meistens sind das alte Pferde, deren Zahnsubstanz bis auf die Zahnwurzeln verbraucht worden ist. Da in diesem letzten Bereich der Zähne kaum noch Schmelzfalten vorhanden sind, wird die Reibefläche der Backenzähne zu glatt und die Nahrung kann nicht mehr ausreichend zerkleinert werden.

Häufig sind zusätzlich Zähne lose geworden und müssen, wenn sie nicht von allein ausgefallen sind, gezogen werden. In solchen Fällen kann leider auch eine gründliche Zahnbehandlung keine Verbesserung der Futterverwertung mehr bewirken. Dennoch ist eine regelmäßige Kontrolle wichtig, dass bei Bedarf scharfe Kanten, Haken, Stufen und lose Zähne entfernt werden können.

Probleme treten meistens im Herbst auf, wenn die Fütterung von Gras auf Heu umgestellt wird. Da das Heu härter als Gras ist, können ältere Pferde es häufig nicht mehr ausreichend zerkleinern und verdauen. Spätestens wenn das Pferd abnimmt, Wickel kaut und ausspuckt, die Struktur der Fasern im Kot nicht ausreichend zerkleinert ist (viele Fasern > 4 mm) und das Pferd eventuell sogar Durchfall entwickelt, ist es allerhöchste Zeit die Fütterung anzupassen. Wichtig ist, frühzeitig zu reagieren und das Pferd an eingeweichte Heucobs zu gewöhnen, denn auch alte Pferde müssen nicht mager sein!

Dabei kann der Gewichtsverlust nicht nur mit Kraftfutter oder Rübenschnitzeln allein aufgefangen werden. Wenn Raufutter (strukturwirksame Fasern wie z.B. Gras, Heu, Heulage, Stroh) nicht mehr ausreichend zerkleinert werden kann, muss es durch vorzerkleinertes Heu in Form von Heucobs ersetzt werden, zunächst anteilig. Heucobs (oder die schneller einzuweichenden Wiesenflakes) werden im Verhältnis 1:2 mit Wasser eingeweicht und nach ca. 30 min zerfallen verfüttert.

Ganz wichtig ist, Heucobs frisch eingeweicht zu verfüttern und nicht mehr wie früher üblich schon über Nacht vorzubereiten, weil sie zu gären beginnen! Heucobs sollten nicht trocken gegeben werden aufgrund des Risikos von Schlundverstopfung!

Qualität und Akzeptanz der Heucobs variieren (teurer ist nicht immer besser), deshalb sollten Produkte unterschiedliche Hersteller, eventuell auch mit Mais- und Luzernecobs gemischt ausprobiert werden, wenn das Pferd die ersten Heucobs nicht mag. Solange die Grasqualität auf der Weide noch gut ist, fällt es häufig schwer, ein Pferd an Heucobs zu gewöhnen. Es empfiehlt sich, Heucobs nach entsprechender Probezeit in größeren Mengen und somit billiger einzukaufen.

Um die benötigte Menge an Heucobs einzuschätzen, ist es wichtig, die tatsächlich in 24 Stunden gefressene Heumenge zu bestimmen (Angebot wiegen und nach 24 h die Reste zurück wiegen). Hilfreich ist auch ein Heufresstest, d.h. die Zeit zu messen, wie lange ein Pferd braucht, um 1 kg Heu aufzunehmen (normal sind 30-40 Minuten). Als Faustregeln gilt die pferdegerechte Versorgung mit Raufutter von 1,7-2 kg Heu/100 kg idealem Körpergewicht. Je nach Zahnsituation kann es notwendig werden, das Pferd komplett auf Heucobs umzustellen. Dazu muss immer Heu angeboten werden, um die Beschäftigung mit Futter zu gewährleisten, auch wenn nur noch Wickel gekaut werden. Wenn ein Pferd komplett auf Heuersatz angewiesen ist, muss die Menge auf mindestens 4 Mahlzeiten verteilt werden. Diese finanzielle, logistische und organisatorische Herausforderung wird meistens unterschätzt!

Insgesamt ist es unumgänglich, energiedichte Futtermittel einzusetzen. Dazu zählen die schon erwähnten Mais- und Luzernecobs, aber auch Pflanzenöl (nach Gewöhnung 20-30 ml/100 kg Körpergewicht in 2-3 Mahlzeiten aufgeteilt) und fett- und eiweißreiche Sportpferdefutter (als Pellets besser mit einzuweichen als Müslifutter). Günstiger sind Gersten- oder/und Maisflocken (hydrothermisch behandelt), die eine bessere Stärkeverdaulichkeit im Dünndarm aufweisen als nur mechanisch behandeltes (gequetschtes) Getreide. Schroten wirkt sich nachteilig auf die Magengesundheit aus. Beim Einsatz von Getreide dürfen keine Stoffwechselerkrankungen vorliegen wie z.B. das Equine Metabolische Syndrom (EMS) oder „Cushing“ (Pituitary Pars Intermedia Dysfunction, PPID).

Nicht nur bei den Heucobs, auch bei Pflanzenöl gibt es Abneigungen, hier insbesondere beim teuren Leinöl. Um die Akzeptanz zu verbessern, können Getreideflocken/Kraftfutter, Öle und z.B. Malzbier, Honig, Apfel- oder Birnensaft, Bananensaft, eingeweichte Rübenschnitzel, Tee oder auch gekochte Leinsamen untergemischt werden.

Wird der Heubrei gerne gefressen, ist schnell zuerst eine Zunahme des Brustumfangs (gemessen vom Widerrist bis hinter den Ellenbogen einmal um den Brustkorb herum, wo ein Longiergurt liegt) zu messen, erst danach wird ein verbesserter Ernährungszustand zu sehen sein.

Ein altes Pferd braucht Zeit und Ruhe zum Fressen und muss dazu separiert werden, wenn es bei Gruppenhaltung von den anderen Pferden bedrängt und gestört wird. Wenn die Fütterung rechtzeitig in dieser Weise angepasst wird und das Pferd sich daran gewöhnen kann, ist es möglich ein Pferd trotz schlechter Zähne absolut ausreichend zu füttern.

Wenn ein Pferd Schmerzen, oder andere gesundheitliche Probleme hat, funktioniert es jedoch nicht und das Pferd nimmt weiter ab. Ein Pferd, das schon immer ein schlechter Fresser war und nur bestimmtes Futter frisst, wird natürlich nur schwer umzustellen sein.

Wichtig: ein reichhaltiges Futterangebot

Die Fütterung muss mit dem Stallbesitzer abgesprochen werden! Der Mehraufwand ist nicht selbstverständlich und muss auch bezahlt werden.

Futterration für alte Pferde mit Zahnproblemen (verteilt auf mindestens 2-4 Mahlzeiten, Futterkosten: 4-5fach erhöht!):

  • 0,5-2 kg Heucobs (Trockengewicht) pro 100 kg Körpergewicht (Idealgewicht!), eingeweicht verfüttern, kein Stroh (Verstopfungsrisiko!)
  • 0,25-0,5 kg Kraftfutter/100 kg Körpergewicht (Pellets oder Müsli mit 12-15% Rohprotein und 4-7 % Rohfett in der Deklaration), Getreide mindestens gequetscht, besser als Flocken, maximal 300 g/100 kg Körpergewicht und Mahlzeit
  • 20-30 ml (2-3 EL) Pflanzenöl/100 kg Körpergewicht (mit 1 Esslöffel voll beginnen und langsam steigern)
  • nichtmelassierte Rübenschnitzel 25-100 g/100 kg Körpergewicht (Trockengewicht, nur eingeweicht im Verhältnis 1:4 mit Wasser verfüttern)
  • ergänzend Leinsamen (10-20 g/100 kg Körpergewicht, aufgekocht)
  • empfehlenswert Mineral- und Vitaminfutterzusatz, passend zu Müsli und/oder Pellets
  • Salzleckstein
  • Wasser zur freien Aufnahme, im Winter temperiert

Beispielrechnung: Wenn ein Warmblut (600 kg) 10 kg Heucobs braucht, dann wären das bei 4 Mahlzeiten 2,5 kg pro Mahlzeit. Bei einem Litergewicht von rund 500 g kommen 5 l Heucobs zusammen, mit der doppelten Menge Wasser sind das rund 15 l. Der Pferdemagen fasst 15-20 l, also mit etwas Öl und Kraftfutter wird das gerade so passen mit 4 Mahlzeiten am Tag.

Futterration für alte Pferde
(verteilt auf 2-3 Mahlzeiten):

  • ½ bis 1½ kg Heucobs (Trockengewicht) pro 100 kg Körpergewicht
  • bis zu 1 Tasse Pflanzenöl (mit 1 Löffel voll beginnen und langsam steigern)
  • ergänzend Senior-Fertigmischungen (z.B. Cavalor, St. Hippolyt od. Nösenberger)
  • oder gequetschter Hafer oder Müsli (thermisch aufgeschlossen)
  • ergänzend Zuckerrübenschnitzel
  • ergänzend Kleie
  • ergänzend Leinsamen (aufgekocht)
  • evtl. Kraftfutterpellets
  • evtl. Malzbier
  • empfehlenswert Mineral- und Vitaminfutterzusatz